01.10.2018

Schenkungsteuer, Familienrecht: Was versteht man unter einer Güterstandschaukel und in welchen Fällen ist sie sinnvoll?

Eheleute leben in Deutschland in der weit überwiegenden Mehr-zahl der Fälle im gesetzlichen Güterstand, der sog. – ggf. modifizierten – Zugewinngemeinschaft. Dabei handelt es sich um einen Güterstand der Gütertrennung, denn die Vermögen der Eheleute sind und bleiben getrennt. Erst bei Beendigung des Güterstandes ist zu prüfen, ob und inwieweit ein Ehegatte in der Ehezeit einen höheren Zugewinn (Endvermögen abzüglich An-fangsvermögen) erzielt hat. Der Unterschied ist auszugleichen, d.h., dem Ehegatten mit dem geringeren Zugewinn steht eine Geldforderung in Höhe des hälftigen Werts des Zugewinn-unterschieds zu (Zugewinnausgleich). 

Die Erfüllung dieses Ausgleichsanspruchs dient der Erfüllung einer gesetzlichen Verpflichtung. Deshalb kann darin nicht zugleich eine der Schenkungsteuer unterliegende Zuwendung liegen. Daraus folgt, dass die Beendigung des Güterstands der Zugewinn-gemeinschaft dazu genutzt werden kann, Ehegattenzuwen-dungen, die ansonsten der Schenkungsteuer unterliegen würden, steuerneutral durchzuführen. Daneben kann diese Vorgehens-weise auch gewählt werden, um Ehegattenschenkungen, deren steuerliche Relevanz nicht erkannt worden ist, rückwirkend der Schenkungsteuer zu entziehen und so schenkungsteuerlich zu heilen. § 29 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG erlaubt es, die spätere Beendigung der Zugewinngemeinschaft auf eine frühere Schenkung zurückwirken zu lassen.

Ist man in der geschilderten Weise vorgegangen, leben die Eheleute zunächst im Güterstand der reinen Gütertrennung. Ist das nicht gewollt, können Sie auch wieder in den Güterstand der Zugewinngemeinschaft „zurückschaukeln“. In der Praxis wird man häufig mit der Frage konfrontiert, ob es sich hierbei nicht um einen Gestaltungsmissbrauch handelt, der die schenkung-steuerliche Freistellung des Zugewinnausgleichs gefährde. Diese Frage kann man eindeutig verneinen. Denn der neuen Zugewinn-gemeinschaft liegen als Anfangsvermögen die durch den Zugewinnausgleich in ihren Werten veränderten (neuen) Vermögensmassen der Eheleute zugrunde, so dass es nicht zu einer Vermögensverschiebung kommt, die nicht von der Gesetzeskonzeption gedeckt wäre. Kritisch zu beurteilen sind jedoch Gestaltungen, die darauf abzielen, dem ausgleichsberechtigten Ehegatten einen überhöhten Ausgleichsanspruch zuzuwenden.

Im Übrigen gibt es natürlich eine Reihe von Punkten zu bedenken. Der Weg aus der Zugewinngemeinschaft in die Gütertrennung und zurück bedarf jeweils der notariellen Beurkundung. Möglicherweise kann es sich anbieten, die Zugewinngemeinschaft zunächst zu modifizieren, um nicht übers Ziel hinauszuschießen. Im Hinblick auf die Sterbewahrscheinlichkeit ist auch zu bedenken, dass der den Ausgleich leistende Ehegatte das übertragene Vermögen wieder erben kann (Erbschaftsteuer!), wenn der aus-gleichsberechtigte Ehegatte wider Erwarten zuerst verstirbt. Soll letztlich kein Bargeld fließen, sondern eine Beteiligung an steuerverstricktem Sachvermögen erfolgen (bspw. an einem Unternehmen des ausgleichsverpflichteten Ehegatten), entstehen einkommensteuerliche Probleme, die aber durch geeignete Gestaltungen lösbar sind.

Die kleine Auswahl praktischer Fragen macht deutlich, dass auch die Instrumentalisierung des Zugewinnausgleichs für einen Vermögenstransfer zwischen Ehegatten – wie alle steuerrelevanten Gestaltungen – gründlich bedacht und sorgfältig gestaltet werden sollte.

Weitere News