03.01.2019

Grunderwerbsteuer – § 6a GrEStG ist keine verbotene Beihilfe

Der Gesetzgeber hatte mit der Vorschrift des § 6a GrEStG mit Wirkung ab dem Jahr 2010 eine Grunderwerbsteuerbefreiung für Erwerbsvorgänge innerhalb eines Konzerns eingeführt, zunächst nur für Erwerbsvorgänge durch Umwandlungen nach dem Umwandlungsgesetz, seit dem 06.06.2013 auch für „Einbringungen und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage". Mit Beschluss v. 30.05.2017 (II R 62/14) hatte der Bundesfinanzhof (BFH) dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt, ob die Regelung des § 6a GrEStG eine unionsrechtlich verbotene Beihilfe darstelle [News vom 26.06.2017]. 

Der EuGH (Urteil v. 19.12.2018 – C-374/17) hält die Regelung des § 6a GrEStG wegen fehlender Selektivität nicht für eine unionsrechtlich verbotene Beihilfe. Zwar unterscheide § 6a GrEStG zwischen Gesellschaften, die eine Umwandlung innerhalb eines Konzerns vornehmen und deshalb die Steuerbefreiung in Anspruch nehmen können, und Gesellschaften, die die gleiche Umwandlung vornehmen, aber mangels Konzernzugehörigkeit von der Steuerbefreiung des § 6a GrEStG ausgeschlossen sind, obwohl sich diese Gesellschaften in vergleichbaren tatsächlichen und rechtlichen Situationen befinden. Gerechtfertigt sei diese Unterscheidung aber zur Vermeidung einer übermäßigen Besteuerung, weil bereits bei Errichtung des Konzerns Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2a oder Abs. 3 GrEStG ausgelöst wurde und der weitere Anfall von Grunderwerbsteuer aufgrund Umwandlung zu einer Doppelbesteuerung führen würde. 

Da der EuGH in § 6a GrEStG keine unionsrechtlich verbotene Beihilfe sieht, ist die Steuerbefreiung grundsätzlich auf konzerninterne Umwandlungen und andere Erwerbsvorgänge auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage anwendbar. Somit kann für bereits bestandskräftige Steuerbescheide, in denen § 6a GrEStG angewandt wurde, keine Grunderwerbsteuer mehr nacherhoben werden. Für alle noch offenen Verfahren und für zukünftige Sachverhalte müssen die beim BFH anhängigen Verfahren zum Anwendungsbereich des § 6a GrEStG (II R 56/15, II R 53/15, II R 63/14, II R 62/14, II R 58/14, II R 36/14, II R 50/13) abgewartet werden. Denn höchstrichterlich ist noch nicht abschließend geklärt, ob 

    • § 6a GrEStG trotz Nichteinhaltung der gesetzlich vorgesehenen Vor- oder Nachbehaltensfrist auch auf Umwandlungsvorgänge, bei denen ein Rechtsträger untergeht oder neu entsteht (Verschmelzung, Aufspaltung, Abspaltung oder Vermögensausgliederung zur Neugründung) anwendbar ist;
       
    • die Anwendung des § 6a GrEStG voraussetzt, dass der herrschende Rechtsträger ein Unternehmen im umsatzsteuerlichen Sinne ist;
       
    • die fünfjährige Vorbehaltensfrist auf die Beteiligung des herrschenden Unternehmens an der übertragenden Gesellschaft zu beschränken ist.

Der Bundesfinanzhof hatte allerdings sowohl in seinen Beitrittsaufforderungen an das Bundesministerium der Finanzen und auch in seinem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH klar zu erkennen gegeben, dass er die sehr restriktive Haltung der Finanzverwaltung hinsichtlich der Vor- oder Nachbehaltensfrist bei Umwandlungsvorgängen, bei denen ein Rechtsträger untergeht oder neu entsteht, und hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Unternehmereigenschaft nicht teilt. Hält der Bundesfinanzhof – wovon auszugehen ist – diese Rechtsauffassung auch in den ausstehenden Entscheidungen aufrecht, hätte die Steuerbe-freiung des § 6a GrEStG in der Zukunft einen breiten Anwendungsbereich.

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