Gesetzgebung: Grunderwerbsteuer

Das BMF hat einen Referentenentwurf des Jahressteuergesetzes 2019 (JStG 2019) vorgelegt, der erhebliche Änderungen bei der Grunderwerbsteuer zur besseren steuerlichen Erfassung sog. „Share-Deals“ (Veräußerung nicht von Grundstücken, sondern von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften) enthält. Die Politik beklagt seit längerem, dass sich die Marktbeteiligten bei großen Immobilientransaktionen durch „Gestaltungen“ der Steuer entziehen und verkennt dabei Ursache und Wirkung.

Das Steueraufkommen der Grunderwerbsteuer ist in der Zeit zwischen 1996 (EUR 3,26 Mrd.) und 2018 (EUR 14,08 Mrd.) um EUR 10,82 Mrd. und damit um 332% gestiegen, während der Verbraucherpreisindex in dieser Zeit nur um 36,4% von 76,1 auf 103,8 gestiegen ist. Gleichwohl soll nunmehr das Aufkommen weiter gesteigert werden. Das weist die Gesetzesbegründung allerdings nicht aus. Vielmehr werden Gerechtigkeitsdefizite beklagt: nicht jeder habe die Möglichkeit, die Steuerentstehung durch Gestaltungen zu vermeiden.

Die Grunderwerbsteuer dürfte damit die Steuer sein, deren Aufkommen am stärksten gewachsen ist. Das liegt zu einem deutlich überwiegenden Teil an politischen Maßnahmen, nicht zuletzt an den massiven Steuersatzerhöhungen zwischen 1996 (2%) und den heute geltenden Steuersätzen von bis zu 6,5%. Die Politik hat zu einem erheblichen Teil selbst den Gestaltungsdruck erzeugt und das Ausweichverhalten verstärkt, das sie nunmehr mit Krokodilstränen beklagt.

Geplant ist zum einen eine Absenkung der maßgeblichen Beteiligungs- oder Über-tragungsquoten bei Anteilsübertragungen von 95% auf 90%. Das gilt für die Fälle der Änderung des Gesellschafterbestandes bei Personengesellschaften (§ 1 Abs. 2a GrEStG) und für die Fälle der rechtlichen (§ 1 Abs. 3 GrEStG) und der wirtschaftlichen (§ 1 Abs. 3a GrEStG) Anteilsvereinigung. Neu geschaffen werden soll in Anlehnung an § 1 Abs. 2a GrEStG der Tatbestand der Änderung des Gesellschafterbestandes bei Kapitalgesellschaften (§ 1 Abs. 2b GrEStG). Während bisher die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften nur dann steuerbar war, wenn bei einem Erwerber die erforderliche Beteiligungsquote erreicht wurde (§ 1 Abs. 3, 3a GrEStG), soll nunmehr die Steuer schon dann ausgelöst werden, wenn das erforderliche Quantum an Anteilen innerhalb der maßgeblichen Frist (bisher 5 Jahre; nunmehr 10 Jahre) auf mehrere andere Anteilsinhaber übergeht.

Ferner werden auf breiter Front (Ausnahme: § 6a GrEStG) die Vor- und Nachbehaltefristen von fünf auf zehn Jahre verlängert. Das gilt insbesondere für die Vorschriften des § 5 Abs. 3 GrEStG (Nachbehaltefrist nach Einbringung eines Grundstücks in eine Gesamthandsgemeinschaft), § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG (Nachbehaltensfrist nach Übergang eines Grundstücks von einer auf eine andere Gesamthandsgemeinschaft) und § 7 Abs. 3 Satz 2 GrEStG. Die Vorbehaltefristen des § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 GrEStG werden in § 6 Abs. 4 Nr. 1 und 2 GrEStG neu geregelt und von fünf auf zehn Jahre verlängert und um eine neue Vorschrift (§ 6 Abs. 4 Nr. 3 GrEStG) für eine besondere Konstellation (nicht nach § 1 Abs. 2a GrEStG steuerbare Veränderung im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft mit anschließender Anteilsvereinigung) ergänzt, die sogar mit einer Vorbehaltefrist von 15 Jahren garniert wird.

Bemerkenswert ist, dass die Befreiung für konzerninterne Umwandlungen (§ 6a GrEStG) lediglich redaktionell angepasst, nicht aber verschärft wurde, insbesondere die Vor- und Nachbehaltefristen nicht verlängert wurden.

Eine besondere Hinterhältigkeit hält der Entwurf in § 19 Abs. 6 GrEStG bereit. Nach § 152 der Abgabenordnung (AO) kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden, wenn eine Steuererklärung verspätet abgegeben wird. Nach § 152 Abs. 10 AO ist dieser Zuschlag auf EUR 25.000 begrenzt. Nach der geplanten Neuregelung soll diese Begrenzung für die Grunderwerbsteuer nicht (mehr) gelten. Diese Änderung soll die Erfüllung der Anzeigepflichten nach den §§ 18, 19 GrEStG durchsetzen, denn die Anzeigen seien die primären Informationsquelle der Steuerverwaltung bei den Tatbeständen des §1 Abs. 1 Nr. 2a, 2b, 3, 3a GrEStG. Letzteres ist einerseits unzutreffend und müsste andererseits eine Beschränkung des § 19 Abs. 6 GrEStG auf diese Tatbestände nach sich ziehen. Angesichts des andauernden Streits zwischen der Rechtsprechung und der Steuerverwaltung über den Umfang der Anzeigepflicht erscheint es nicht ausgeschlossen, dass auch solche Anzeigen, die nach der Ansicht der Steuerverwaltung nicht „in allen Teilen vollständig“ (§§ 16 Abs. 5, 21 GrEStG) erstattet werden (vgl. dazu § 20 GrEStG), z.B. nicht unter Verwendung eines amtlich vorgeschrieben Vordrucks, mit einem Verspätungszuschlag belegt werden. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass die Anzeigefrist nur zwei Wochen beträgt und extrem kurz bemessen ist. Ggf. muss innerhalb der Frist eine Verlängerung beantragt werden.

Die beabsichtigten Änderungen sollten allen Betroffenen ins Bewusstsein rufen, dass bei Strukturfragen die Grunderwerbsteuer nicht – wie häufig – unberücksichtigt bleiben sollte. Es ist dringend zu empfehlen, Grundstücke im Konzernverbund in einer eigenständigen Gesellschaft zu bündeln, um mögliche Transaktionen mit Bezug auf operative Einheiten von grunderwerbsteuerlichen Problemstellungen zu entlasten. Unternehmensstrukturen sollten transaktionsoffen sein. Damit verträgt es sich nicht, wenn bei Transaktionen regelmäßig nicht oder nur schwer oder zu ungünstigen Konditionen lösbare grunderwerbsteuerliche Fragestellungen aufkommen. Um auch im Hinblick auf die Rechtsform einer Immobilieneinheit freie Hand zu haben, sollten Grundstücke nicht im Alleineigentum einer Person gehalten werden, sondern in einer Personen- oder Kapitalgesellschaft, zumindest in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die ggf. – nach Ablauf der Vorbehaltefrist von zukünftig voraussichtlich 10 Jahren – steuerneutral auch in eine GmbH umgewandelt werden kann.

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