12.11.2018

Erbschaft-/Schenkungsteuer: Junges Verwaltungsvermögen bei Vermögensumschichtungen?

Die erschaft-/schenkungsteuerliche Verschonung von Produktiv-vermögen (Einzelunternehmen, Anteile an Personen- oder Kapitalgesellschaften) begünstigt im Kern nur betriebs-notwendiges Vermögen, nicht solches Vermögen, das nicht den betrieblichen Zwecken, sondern der Vermögensverwaltung dient (sog. Verwaltungsvermögen). Was im Einzelnen unter dieses Vermögen fällt, wird in § 13b Abs. 4 ErbStG im Einzelnen aufgezählt: darunter fallen u.a. Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke, Kunstgegenstände und –sammlungen, Wertpapiere, bestimmte Teile liquider Mittel (sog. Finanzmittel). Ist das Verwaltungsvermögen dem Unternehmen innerhalb von zwei Jahren vor dem Stichtag zugeführt worden, kann es sich um junges Verwaltungsvermögen oder um junge Finanzmittel handeln, die vom Gesetzgeber besonders negativ behandelt werden. Dahinter steht die Sorge, dass dieses Vermögen dem Unternehmen deshalb zugeführt wurde, um es auf die Weise an der Verschonung teilnehmen zu lassen.


Nach dem bis 30.06.2016 geltenden Recht war diese Sorge nicht unbegründet, weil nach altem Recht auch das Verwaltungs-vermögen an der Verschonung teilnahm, wenn nur die sog. Verwaltungsvermögensquote nicht überschritten wurde, die für die sog. Regelverschonung bei 50% lag. Das Verwaltungsver-mögen (reines Aktivvermögen) durfte maximal 50% des Werts des begünstigten Vermögens erreichen, diese Quote aber nicht überschreiten.


Nach neuem Recht ist – von einer kleinen Ausnahme abgesehen – das Verwaltungsvermögen nicht mehr begünstigt. Damit verliert die Unterscheidung zwischen jungem Verwaltungsvermögen bzw. jungen Finanzmittel und „nicht jungem Verwaltungsvermögen“ bzw. „nicht jungen Finanzmitteln“ an Gewicht. Sie kann gleich-wohl bei spezifischen Fragestellungen noch erhebliche Aus-wirkungen haben. Das gilt etwa für die Frage, wie die Anschaffung von Verwaltungsvermögen zu beurteilen ist, wenn es um die Umschichtung von (Alt-)Vermögen geht, das dem Unternehmen im Zeitpunkt der Umschichtung schon mehr als zwei Jahre zuzuordnen war, wenn also z.B. Verwaltungsver-mögen (Wertpapiere) veräußert wird, um dann neue Wertpapiere zu erwerben oder wenn etwa Nichtverwaltungsvermögen ver-äußert wird und der Erlös zur Anschaffung von Verwaltungsver-mögen verwendet wird.


Das Gesetz arbeitet mit unterschiedlichen Regelungen: Geht es um die Anschaffung von Verwaltungsvermögen, das nicht aus Finanzmitteln besteht (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG), soll es darauf ankommen, ob das Verwaltungsvermögen dem Unternehmen am Stichtag „weniger als zwei Jahre zuzurechnen war“. Handelt es sich um Finanzmittel, kommt es auf den Saldo von Einlagen und Entnahmen innerhalb der letzten zwei Jahre an.


Die Finanzverwaltung nahm und nimmt eine restriktive Haltung ein (A 13.b27 S. 2 AEErbSt), die in jüngerer Vergangenheit von mehreren finanzgerichtlichen Entscheidungen zum alten Recht  bestätigt worden ist (FG Münster v. 30.11.2017, 3 K 2867/15 Erb; FG Rheinland-Pfalz v. 14.3.2018, 2 K 1056/15; FG München v. 7.5.2018, 10 K 468/17). Danach ist auch Verwaltungsvermögen, das durch Umschichtung von Altvermögen erworben wurde, junges Verwaltungsvermögen. Diese Auffassung kann indessen auf Finanzmittel nicht übertragen werden, weil junge Finanzmittel eine Einlage innerhalb des Zwei-Jahreszeitraums erfordern. Werden also innerhalb des relevanten Zeitraums Wertpapiere (Altvermögen) verkauft, so ist der Erlös wohl als Finanzmittel, nicht jedoch als junge Finanzmittel zu qualifizieren. Das hat etwa zur Folge, dass insoweit eine Verrechnung mit Verbindlichkeiten erfolgt und auch der sog. Sockelbetrag (15% des Unternehmenswerts) abgezogen werden kann (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 Satz 1 ErbStG). Aber Vorsicht: das gilt nicht im Rahmen der Zugangsprüfung zum Verschonungssystem (§ 13b Abs. 2 Satz 2 ErbStG), wohl aber bei der Frage, ob die Optionsverschonung (Abschlag 100%) in Anspruch genommen werden kann (§ 13a Abs. 10 Satz 2 ErbStG) und bei der Steuerfestsetzung (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG). Werden diese Finanzmittel wiederum in Wert-papiere umgeschichtet, sollen diese Wertpapiere aber junges Verwaltungsvermögen sein.


Das ist schon vom Ergebnis her nicht überzeugend. Auch die von den Finanzgerichten gegebenen Begründungen überzeugen nicht. Gleichwohl wird man diese Rechtsprechung berücksichtigen müssen. Gegen alle zit. Entscheidungen der Finanzgerichte sind zwar Revisionen beim Bundesfinanzhof anhängig - man sollte sich davon aber nicht zu viel versprechen.


Empfehlung:

Die dargestellte Problematik ist ein weiteres Beispiel dafür, dass eine Unternehmensnachfolge von Todes wegen eine enorme Gefahr für die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Verschonung darstellen kann. Es kommt entscheidend darauf an, den Zeitpunkt der Steuerentstehung exakt zu planen und auf diesen Zeitpunkt die Zusammensetzung des Verwaltungsver-mögens präzise zu steuern. Dieses Verwaltungsvermögen-controlling muss zwangsläufig zeitpunktorientiert erfolgen; die Steuerung des Zeitpunkts der Unternehmensnachfolge ist nur bei einer vorweggenommenen Erbfolge möglich. Eine Unter-nehmensnachfolge von Todes wegen schließt es dagegen aus, den Zeitpunkt des Vermögensübergangs exakt zu planen und damit auch, den Umfang und die Zusammensetzung des Verwaltungsvermögens zu diesem Zeitpunkt zu kontrollieren.

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