14.01.2020

BMF-Schreiben betreffend Zweifelsfragen zu § 6 Abs. 3 EStG und zum Verhältnis zu § 6 Abs. 5 EStG

 

Das BMF-Schreiben vom 3. März 2005 zu Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Übertragung von Mitunternehmeranteilen mit Sonderbetriebsvermögen sowie Anteilen hieran nach § 6 Abs. 3 EStG war aufgrund entgegenstehender Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs in Teilen überholt. Das BMF hat hierauf mittlerweile reagiert und am 20. November 2019 ein überarbeitetes Schreiben zu Zweifelsfragen bei § 6 Abs. 3 und 5 EStG veröffentlicht, das grundsätzlich auf alle noch offenen Veranlagungszeiträume anzuwenden ist. Aus Vertrauensschutzgründen ist allerdings das bisherige BMF-Schreiben auf gemeinsamen Antrag der Beteiligten für bereits abgeschlossene Übertragungen weiterhin anwendbar.


Das aktuelle BMF-Schreiben vom 20. November 2019 enthält insbesondere folgende wesentlichen Änderungen/Neuerungen:


1.    Übertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt

Mit Urteil vom 25. Januar 2017 hatte der BFH entschieden, dass die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG bei der unentgeltlichen Übertragung eines im Ganzen verpachteten Einzelunternehmens unter Nießbrauchsvorbehalt nicht anwendbar ist (siehe News vom 15. August 2017). Das BMF hat sich der Auffassung des BFH in diesem Sonderfall zwar angeschlossen, zugleich aber erfreulicherweise klargestellt, dass bei der unentgeltlichen Übertragung eines Mitunternehmeranteils die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG zu gewähren ist, sofern der Beschenkte Mitunternehmer wird.


Leider hat sich das BMF nicht zu der auch innerhalb des BFH umstrittenen Frage geäußert, ob neben dem Beschenkten auch der Nießbraucher Mitunternehmer sein kann (doppelte Mitunternehmerstellung oder Highlander-Prinzip?). Insoweit besteht daher weiterhin eine Unsicherheit betreffend die laufende Besteuerung des Nießbrauchsberechtigten, die möglicherweise erst in ein paar Jahren höchstrichterlich geklärt wird. Bis dahin kann lediglich versucht werden, das Risiko durch entsprechende Gestaltungsmaßnahmen zu reduzieren.


2.    Keine Gesamtplanbetrachtung mehr

Voraussetzung für die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG bei Übertragung des gesamten Mitunternehmeranteils ist, dass neben dem Anteil am Gesamthandsvermögen auch sämtliches funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen übertragen wird. Nach Ansicht des BMF führt daher die zeit- oder taggleiche Überführung von solchem Sonderbetriebsvermögen weiterhin zu einer grundsätzlich tarifbegünstigten Aufgabe des gesamten Mitunternehmeranteils.


Das BMF hat auf Druck der Rechtsprechung allerdings seine bisherige Gesamtplanbetrachtung aufgegeben. Wird im Zusammenhang mit der Übertragung des Mitunternehmeranteils zeit- oder taggleich oder aufgrund eines einheitlichen Plans zeitlich vorgelagert funktional wesentliches Gesamthands- oder Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 Sätze 1 oder 2 EStG in ein anderes (Sonder-)Betriebsvermögens des Steuerpflichtigen überführt oder nach § 6 Abs. 5 Satz 3 übertragen, steht dies der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG grundsätzlich nicht mehr entgegen. Eine gewinnrealisierende – und wegen der teilweisen Anwendung von § 6 Abs. 5 EStG nicht nach den §§ 16 Abs. 4 und 34 EStG begünstigte – Betriebsaufgabe soll nach Auffassung des BMF nur vorliegen, wenn nach der Überführung/Übertragung des funktional wesentlichen Gesamthands- oder Sonderbetriebsvermögen keine funktionsfähige betriebliche Einheit mehr vorliegt (sogenannte „Betriebszerschlagung“).


Auch die zeitlich vor (d.h. nicht zeit- oder taggleich mit) der Mitunternehmensanteilsübertragung liegende gewinnrealisierende Entnahme oder Veräußerung von funktional wesentlichem Gesamthands- oder Sonderbetriebsvermögen steht einer Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG selbst dann nicht entgegen, wenn diesen Vorgängen ein einheitlicher Plan zugrunde liegt, sofern das nach Entnahme/Verkauf verbleibende Restvermögen weiterhin eine funktionsfähige betriebliche Einheit darstellt.


Es ist offensichtlich nicht folgerichtig, bei zeit- oder taggleicher Übertragung von wesentlichem Gesamthands- oder Sonderbetriebsvermögen nach § 6 Abs. 5 EStG in ein anderes (Sonder-)Betriebsvermögens die Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG zuzulassen, während für die zeit- oder taggleiche gewinnrealisierende Entnahme oder Veräußerung dieser Weg versperrt sein soll. Diese Auffassung der Finanzverwaltung beruht allerdings nicht auf deren innerer Überzeugung, vielmehr ist sie dem Umstand geschuldet, dass zu diesem Punkt die Rechtsprechung zwischen dem I. und dem IV. Senat des BFH divergiert. Insoweit ist die Vorgehensweise der Finanzverwaltung zwar nicht stimmig, aber nachvollziehbar.

 

3.    Besonderheiten bei der Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils

Bei der Übertragung eines Teils eines Mitunternehmeranteils gelten die zum Vorbehaltsnießbrauch und zur Gesamtplanbetrachtung dargestellten Grundsätze entsprechend. Hinsichtlich der Übertragung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen (bzw. bei funktional wesentlichem Betriebsvermögen im Falle der unentgeltlichen Aufnahme in ein Einzelunternehmen) gelten nach dem BMF-Schreiben allerdings zusätzlich folgende Besonderheiten:


Für die Frage, ob funktional wesentliches Sonderbetriebsvermögen in demselben Verhältnis wie das Gesamthandsvermögen auf den Erwerber übergeht (quotale Übertragung), ist nunmehr eine rein wertmäßige und nicht mehr eine wirtschaftsgutsbezogene Betrachtung vorzunehmen. Somit können einzelne funktional wesentliche Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens zurückbehalten werden, ohne dass die fünfjährige Behaltensfrist des § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG ausgelöst wird, sofern wertmäßig ausreichend andere funktional wesentliche Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens übertragen werden.

Bei einer unterquotalen Übertragung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen liegt insgesamt eine Übertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 2 EStG vor. Gibt der Erwerber den Mitunternehmeranteil innerhalb von fünf Jahren auf oder veräußert er diesen, ist für die Übertragung rückwirkend der Teilwert anzusetzen und beim Übertragenden entsteht ein laufender, nicht nach den §§ 16 Abs. 4, 34 EStG begünstigter Gewinn. Nicht erforderlich ist hingegen, dass das zurückbehaltene Sonderbetriebsvermögen dauerhaft zum Betriebsvermögen der derselben Mitunternehmerschaft gehört. Unschädlich ist daher die spätere Überführung/Übertragung nach § 6 Abs. 4 EStG. Im Falle einer überquotalen Übertragung von funktional wesentlichem Sonderbetriebsvermögen hat das BMF seine bislang anderslautende Rechtsauffassung ausdrücklich aufgegeben, wonach hinsichtlich des quotalen Teils eine nicht sperrfristbehaftete Übertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG und hinsichtlich des überquotalen Teils eine sperrfristbehaftete Übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG vorliegt und geht nun mit dem BFH insgesamt von einer Übertragung nach § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG aus.

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